Geschichten über Kalbe Milde
 

 


 

 

 
Die Stadt Calbe - Rathäuser, Bürgermeister und Ratsherrn

Das Rathaus in Calbe an der Milde. Das erste Rathaus.
Die älteste uns bisher bekannte Nachricht über ein Rathaus in Calbe gibt uns die beste Quelle der Ortsgeschichte, das gute alte Kirchenbuch. Wir lesen darin unter dem Jahre 1642, also noch im 30jährigen Kriege, „ein Knabe, so das Evangelium vor den Türen gelesen, im Rathause gestorben.“ Es war also ein fremder Junge, der nach dem Tode seiner erschlagenen Eltern sich sein kärgliches Brot vor den Türen durch Singen, Beten und Bibellesen erbettelte. Eine weitere Nachricht aus dem Jahre 1650 besagt, dass sich in Calbe ein neuer Leineweber Klaus Bindemann unterm Rathause" niedergelassen habe, übrigens der Vorfahr einer noch heute in Calbe lebenden Familie; und in: Jahre 1660 nennt das Kirchenbuch auf Seite 80 einen Schlächter Christoph Rohr, der „unter dem Rathause“ sein Handwerk betrieben habe. Die Redewendung unter dem Hause findet sich noch heute in vielen alten deutschen Städten und bezeichnet einen besonders bevorzugten Ortsteil, der sicher und zuversichtlich im Schutz einer Burg, eines Schlosses oder eines angesehenen Hauses liegt. Auch die Burg Calbe wird immer wieder das „Haus“ oder „das hohe Haus“ genannt. Ein Wohnen unterm Hause oder vorm Hause" war in mancher Stadt ein besonders sicheres Wohnen. Der Aufblick zu solchem Hause bot Halt und Schutz. Nun war freilich in Calbe ein Wohnen unterm Rathause keineswegs sicher, und der Ausblick zum Rathause nicht gerade Vertrauen erweckend. Denn das Rathaus von 1642 war eigentlich kein Rathaus, wie man es sich sonst vorstellt, mit Turm und Zinnen. Wir sind recht enttäuscht, wenn wir das Calbenser Rathaus auch mit dem Wort Ratsbude bezeichnet finden, und nur schwer die Lage dieser ersten Ratsbude festzustellen vermögen. 1649 wird als Ratsherr ein Jakob Knape im Kirchenbuch erwähnt.

Aber die Akten reden von der Ratsbude umso mehr. So heißt es in einem Immediatgesuch des Magistrats zu Calbe an den König Friedrich Wilhelm I vom 18. Februar 1737: „Es hat auch der Magistrat eine Bude", so ehedem 5 Reichsthaler Miete getragen. Als aber im Jahre 1717 eine Kompagnie Kavallerie vom Leibregiment zur Einquartierung eingerückt ist, ist „sothane Ratsbude“ von der Garnison zum corps de garde (d. h. Wachtstube) genommen, wozu sie noch - also 1737 - gebraucht wird, da dann geschehen, dass diese jährliche Entschädigung von 5 Thalern als ein Teil unseres Gehaltes so von 1719 bis ultimo 1736, als in 16 Jahren, 80 Thaler ausmacht, entbehren müssen. So bitten wir Ew. Kgl. Majestät untertänigst, Sie möchten geruhen, dieser wegen dem Magistrat eine Vergütung angedeihen lassen, auch woher dieselbe zu nehmen, von dem über unsern Ort die Aufsicht führenden Kriegsrat (in Stendal) sich alleruntertänigsten Bericht geben zu lassen. - Auf den vom Geh. Kriegsrat Titius in Stendal dem König erstatteten Bericht bestimmt der König am 22. Mai 1737: die 80 Thaler Miete können nicht zurückerstattet werden. Der Magistrat habe sich selbst vorzuwerfen, dass er so lange geschwiegen und sich erst nach 16 Jahren zwecks Rückerstattung gemeldet habe. Es sollen aber wegen der Garnison zum corps de garde überlassenen „Bude“ künftig, und zwar vom 1. Januar 1737 an, jährlich 5 Reichsthaler Miete an den Magistrat aus der Accisekasse in Calbe gezahlt werden. In den Jahren 1727 bis 1780 waren dringende Reparaturen an dem „Rathause" ober der „Wachtstube“ ausgeführt worden, aus denen wir etwas über den Zustand des sogenannten Rathauses erfahren können. So werden im Mal 1727 von Töpfer Israel-Rochau ein neuer Ofen gesetzt, er kostet nebst Material 3 Thaler 6 Groschen, 1730 wird ein Ofen umgesetzt, kostet nebst neuen Kacheln 1 Thaler 12 Groschen, der Tischler Christoph Dahl berechnet 1727 vor eine neue Pritsche nebst neuem Tisch, Bank, Schemel, 2 Hauskisten von neuen tannenen Brettern 7 Thaler 12 Groschen; vor 2 neue Fensterrahmen aus Eichenholz in der corps de garde, auch Bank vor dem Hause 2 Thaler 12 Groschen. Und der Maurer Hans Jaticke hat die corps de garde mit Lehm ausgeschmiert und abgeputzt für 1 Thaler 8 Groschen. Die Kosten bewilligt der König aus der Accise. Kasse in Calbe mit der Bemerkung: „vors künftige müssen dergleichen Dinge nicht mehr so lange anstehen, sondern zur gehörigen Zeit abgetan werden". Die Handwerker hatten 3 Jahre auf Bezahlung warten müssen. Schlecht und billig waren die Reparaturen ausgeführt worden, so das schon nach 5 Jahren 1735 berichtet wird, das corps de garde oder „sogenanntes Rathaus“ zu Calbe ist dermaßen baufällig, dass keine Reparatur daran stattfindet, noch solches Gebäude statt des Schwibbogens einen Schornstein, wie vonseiten der Garnison und deren Obersten von Bredow wegen des sich findenden Rauches tragen kann. - Und wie auf Anfertigung eines sicheren und guten corps de garde bestanden wird, das Flecken (d. h. der Ort Calbe) aber nicht imstande ist, aus seinen Mitteln eine neue corps de garde zu bauen, so haben wir dies berichtet und unter Beifügung eines Anschlages, der sich auf 114 Thaler und 4 Groschen beläuft, Ew. Kgl. Majestät untertänigst bitten wollen, ob deroselben diesem Flecken, gleich- wie es anderswo geschehen, dero Gnade erzeigen und die erforderlichen Kosten aus der Accisekasse anweisen zu lassen. Ew. Kgl. Majestät untertänigster Hartmann, Kriegsrat. Es folgt anbei ein ohngefährer Anschlag zur Verfertigung einer neuen corps de garde (Wachtstube) für hiesige Garnison, weil das alte Rathaus nicht mehr imstande ist, solche fernere Reparatur zu tragen, auch nicht wert ist, dass noch einige reparationes behuf des corps de garde deshalb angenommen werden mögen, maßen der befürchtete Einfall es leider! mehr denn zu sehr zeigt. Unter anderem wird im corps de garde, also in dem Wachthause oder der Ratsbude beschafft eine neue Pritsche für die Unteroffizier, die alte Pritsche für die Reuter wieder repariert, die Tische und Bänke in der Wachtstube repariert, auch unter dem Tisch einen neuen Kasten gemacht, ebenso noch zwo neue Schemel in der Stube á 4 Groschen. So sah also vor 1735 das Rathaus der Stadt Calbe aus, als die Einwohnerschaft sich allmählich wieder auf eine Zahl von 650 Seelen vermehrt hatte. Noch waren viele wüste Stellen in der Stadt vorhanden, die einst von ihren Besitzern einfach verlassen waren, da sie Ihnen keine Ernährungsmöglichkeiten mehr boten. Die preußischen Könige suchten diese wüsten Stellen durch Zuzug fremder Handwerker wieder zu besetzen. Durch Baufreiheitsgelder und andere Privilegien, wie Steuerfreiheit auf einige Jahre wurden solche Handwerker angelockt, sich in Calbe niederzulassen. Manche jetzt noch ansässige Familie wohnt seit dieser Zeit in Calbe.
Im Jahre 1766 wird in einem Gesuch an den König Friedrich den Großen das Zeugnis des Calbenser Superintendenten Gorlenius angeführt, welches bestätigt, dass seit 20 Jahren, also seit 1735, der Ort Calbe um der bisherigen Einwohner, sowohl in der Stadt, als auch vorm Tor, zugenommen habe. Diese Angabe ist richtig, denn 1750 wird die Einwohnerschaft mit 786 Seelen angegeben. Gorlenius bezeugt das teils wegen des Baues verschiedener neuer Häuser und darin gesetzten vielen Wohnungen, teils durch viele von anderen Orten hereingezogener Familien der Ort sich so bedeutend vergrößert habe. Die Ansiedlungspolitik der preußischen Könige hatte sich also bewährt. In 20 Jahren hatte sich die Bevölkerungsziffer um 200 Seelen vermehrt.
Im Jahre 1735 wurde also ein neues corps de garde oder Rathaus gebaut. Bescheiden genug fiel der Bau aus, wie aus dem vom König verlangten Kostenanschlage hervorgeht. Das Haus war einstöckig. Die Zimmerarbeit führt das neue Haus in 5 Verband aus, also in 5 Fächern der Vorderfront; der Tischler fertigt an 1 eichene Haustür, 1 Stubentür, 1 Hintertür, 3 Fach Fenster, 15 Stück Tannenbretter zur Pritsche, 4 kurze Balken unterzulegen, Tisch, Bänke. Eine Dielung wird nicht genannt, die Stube, oder die beiden Stuben sind also mit Feldsteinen gepflastert. Der Schlosser liefert den Beschlag zur Haustür mit 1 Taler, und Beschläge zu einer Stuben- und einer Hintertür mit je 16 Groschen, die Glaserarbeit für 3 Fach Fenster ist mit 4 Talern berechnet. Im ganzen belaufen sich die Kosten auf 114 Taler und 4 Groschen, und werden vom König Friedrich Wilhelm I aus der Accise-Kasse in Calbe bestätigt. So sah also das neue corps de garde, die Wachstube oder das Rathaus in Calbe im Jahre 1735 aus, als die Stadt 550 Einwohner zählte.

Das Rathaus in Calbe an der Milde. Das erste Rathaus.
Die älteste uns bisher bekannte Nachricht über ein Rathaus in Calbe gibt uns die beste Quelle der Ortsgeschichte, das gute alte Kirchenbuch. Wir lesen darin unter dem Jahre 1642, also noch im 30jährigen Kriege, „ein Knabe, so das Evangelium vor den Türen gelesen, im Rathause gestorben.“ Es war also ein fremder Junge, der nach dem Tode seiner erschlagenen Eltern sich sein kärgliches Brot vor den Türen durch Singen, Beten und Bibellesen erbettelte. Eine weitere Nachricht aus dem Jahre 1650 besagt, dass sich in Calbe ein neuer Leineweber Klaus Bindemann unterm Rathause" niedergelassen habe, übrigens der Vorfahr einer noch heute in Calbe lebenden Familie; und in: Jahre 1660 nennt das Kirchenbuch auf Seite 80 einen Schlächter Christoph Rohr, der „unter dem Rathause“ sein Handwerk betrieben habe. Die Redewendung unter dem Hause findet sich noch heute in vielen alten deutschen Städten und bezeichnet einen besonders bevorzugten Ortsteil, der sicher und zuversichtlich im Schutz einer Burg, eines Schlosses oder eines angesehenen Hauses liegt. Auch die Burg Calbe wird immer wieder das „Haus“ oder „das hohe Haus“ genannt. Ein Wohnen unterm Hause oder vorm Hause" war in mancher Stadt ein besonders sicheres Wohnen. Der Aufblick zu solchem Hause bot Halt und Schutz. Nun war freilich in Calbe ein Wohnen unterm Rathause keineswegs sicher, und der Ausblick zum Rathause nicht gerade Vertrauen erweckend. Denn das Rathaus von 1642 war eigentlich kein Rathaus, wie man es sich sonst vorstellt, mit Turm und Zinnen. Wir sind recht enttäuscht, wenn wir das Calbenser Rathaus auch mit dem Wort Ratsbude bezeichnet finden, und nur schwer die Lage dieser ersten Ratsbude festzustellen vermögen. 1649 wird als Ratsherr ein Jakob Knape im Kirchenbuch erwähnt. Aber die Akten reden von der Ratsbude umso mehr. So heißt es in einem Immediatgesuch des Magistrats zu Calbe an den König Friedrich Wilhelm I vom 18. Februar 1737: „Es hat auch der Magistrat eine Bude", so ehedem 5 Reichsthaler Miete getragen. Als aber im Jahre 1717 eine Kompagnie Kavallerie vom Leibregiment zur Einquartierung eingerückt ist, ist „sothane Ratsbude“ von der Garnison zum corps de garde (d. h. Wachtstube) genommen, wozu sie noch - also 1737 - gebraucht wird, da dann geschehen, dass diese jährliche Entschädigung von 5 Thalern als ein Teil unseres Gehaltes so von 1719 bis ultimo 1736, als in 16 Jahren, 80 Thaler ausmacht, entbehren müssen. So bitten wir Ew. Kgl. Majestät untertänigst, Sie möchten geruhen, dieser wegen dem Magistrat eine Vergütung angedeihen lassen, auch woher dieselbe zu nehmen, von dem über unsern Ort die Aufsicht führenden Kriegsrat (in Stendal) sich alleruntertänigsten Bericht geben zu lassen. - Auf den vom Geh. Kriegsrat Titius in Stendal dem König erstatteten Bericht bestimmt der König am 22. Mai 1737: die 80 Thaler Miete können nicht zurückerstattet werden. Der Magistrat habe sich selbst vorzuwerfen, dass er so lange geschwiegen und sich erst nach 16 Jahren zwecks Rückerstattung gemeldet habe. Es sollen aber wegen der Garnison zum corps de garde überlassenen „Bude“ künftig, und zwar vom 1. Januar 1737 an, jährlich 5 Reichsthaler Miete an den Magistrat aus der Accisekasse in Calbe gezahlt werden. In den Jahren 1727 bis 1780 waren dringende Reparaturen an dem „Rathause" ober der „Wachtstube“ ausgeführt worden, aus denen wir etwas über den Zustand des sogenannten Rathauses erfahren können. So werden im Mal 1727 von Töpfer Israel-Rochau ein neuer Ofen gesetzt, er kostet nebst Material 3 Thaler 6 Groschen, 1730 wird ein Ofen umgesetzt, kostet nebst neuen Kacheln 1 Thaler 12 Groschen, der Tischler Christoph Dahl berechnet 1727 vor eine neue Pritsche nebst neuem Tisch, Bank, Schemel, 2 Hauskisten von neuen tannenen Brettern 7 Thaler 12 Groschen; vor 2 neue Fensterrahmen aus Eichenholz in der corps de garde, auch Bank vor dem Hause 2 Thaler 12 Groschen. Und der Maurer Hans Jaticke hat die corps de garde mit Lehm ausgeschmiert und abgeputzt für 1 Thaler 8 Groschen. Die Kosten bewilligt der König aus der Accise. Kasse in Calbe mit der Bemerkung: „vors künftige müssen dergleichen Dinge nicht mehr so lange anstehen, sondern zur gehörigen Zeit abgetan werden". Die Handwerker hatten 3 Jahre auf Bezahlung warten müssen. Schlecht und billig waren die Reparaturen ausgeführt worden, so das schon nach 5 Jahren 1735 berichtet wird, das corps de garde oder „sogenanntes Rathaus“ zu Calbe ist dermaßen baufällig, dass keine Reparatur daran stattfindet, noch solches Gebäude statt des Schwibbogens einen Schornstein, wie vonseiten der Garnison und deren Obersten von Bredow wegen des sich findenden Rauches tragen kann. - Und wie auf Anfertigung eines sicheren und guten corps de garde bestanden wird, das Flecken (d. h. der Ort Calbe) aber nicht imstande ist, aus seinen Mitteln eine neue corps de garde zu bauen, so haben wir dies berichtet und unter Beifügung eines Anschlages, der sich auf 114 Thaler und 4 Groschen beläuft, Ew. Kgl. Majestät untertänigst bitten wollen, ob deroselben diesem Flecken, gleich- wie es anderswo geschehen, dero Gnade erzeigen und die erforderlichen Kosten aus der Accisekasse anweisen zu lassen. Ew. Kgl. Majestät untertänigster Hartmann, Kriegsrat. Es folgt anbei ein ohngefährer Anschlag zur Verfertigung einer neuen corps de garde (Wachtstube) für hiesige Garnison, weil das alte Rathaus nicht mehr imstande ist, solche fernere Reparatur zu tragen, auch nicht wert ist, dass noch einige reparationes behuf des corps de garde deshalb angenommen werden mögen, maßen der befürchtete Einfall es leider! mehr denn zu sehr zeigt. Unter anderem wird im corps de garde, also in dem Wachthause oder der Ratsbude beschafft eine neue Pritsche für die Unteroffizier, die alte Pritsche für die Reuter wieder repariert, die Tische und Bänke in der Wachtstube repariert, auch unter dem Tisch einen neuen Kasten gemacht, ebenso noch zwo neue Schemel in der Stube á 4 Groschen. So sah also vor 1735 das Rathaus der Stadt Calbe aus, als die Einwohnerschaft sich allmählich wieder auf eine Zahl von 650 Seelen vermehrt hatte. Noch waren viele wüste Stellen in der Stadt vorhanden, die einst von ihren Besitzern einfach verlassen waren, da sie Ihnen keine Ernährungsmöglichkeiten mehr boten. Die preußischen Könige suchten diese wüsten Stellen durch Zuzug fremder Handwerker wieder zu besetzen. Durch Baufreiheitsgelder und andere Privilegien, wie Steuerfreiheit auf einige Jahre wurden solche Handwerker angelockt, sich in Calbe niederzulassen. Manche jetzt noch ansässige Familie wohnt seit dieser Zeit in Calbe. Im Jahre 1766 wird in einem Gesuch an den König Friedrich den Großen das Zeugnis des Calbenser Superintendenten Gorlenius angeführt, welches bestätigt, dass seit 20 Jahren, also seit 1735, der Ort Calbe um der bisherigen Einwohner, sowohl in der Stadt, als auch vorm Tor, zugenommen habe. Diese Angabe ist richtig, denn 1750 wird die Einwohnerschaft mit 786 Seelen angegeben. Gorlenius bezeugt das teils wegen des Baues verschiedener neuer Häuser und darin gesetzten vielen Wohnungen, teils durch viele von anderen Orten hereingezogener Familien der Ort sich so bedeutend vergrößert habe. Die Ansiedlungspolitik der preußischen Könige hatte sich also bewährt. In 20 Jahren hatte sich die Bevölkerungsziffer um 200 Seelen vermehrt. Im Jahre 1735 wurde also ein neues corps de garde oder Rathaus gebaut. Bescheiden genug fiel der Bau aus, wie aus dem vom König verlangten Kostenanschlage hervorgeht. Das Haus war einstöckig. Die Zimmerarbeit führt das neue Haus in 5 Verband aus, also in 5 Fächern der Vorderfront; der Tischler fertigt an 1 eichene Haustür, 1 Stubentür, 1 Hintertür, 3 Fach Fenster, 15 Stück Tannenbretter zur Pritsche, 4 kurze Balken unterzulegen, Tisch, Bänke. Eine Dielung wird nicht genannt, die Stube, oder die beiden Stuben sind also mit Feldsteinen gepflastert. Der Schlosser liefert den Beschlag zur Haustür mit 1 Taler, und Beschläge zu einer Stuben- und einer Hintertür mit je 16 Groschen, die Glaserarbeit für 3 Fach Fenster ist mit 4 Talern berechnet. Im ganzen belaufen sich die Kosten auf 114 Taler und 4 Groschen, und werden vom König Friedrich Wilhelm I aus der Accise-Kasse in Calbe bestätigt. So sah also das neue corps de garde, die Wachstube oder das Rathaus in Calbe im Jahre 1735 aus, als die Stadt 550 Einwohner zählte.

Mit dem Rathause in Calbe beschäftigt sich noch ein anderes Aktenstück aus dem Jahre 1798, also 60 Jahre später, das uns ein genaues Bild gibt, wie das Rathaus ausgesehen hat. Die Akte trägt die Bezeichnung: „Die vom Kriegs- und Steuerrat Stosch (in Stendal) erbetene Nachricht vom sogenannten Rathause zu Calbe an der Milde", 16. Mai 1798. In dem von Alvenslebenschen Städtchen Calbe an der Milde befindet sich ein Gebäude, welches das Rathaus genannt wird. Es besteht aber aus weiter nichts, als einem großen und einem kleinen Zimmer, die nicht einmal gedielt, sondern mit Feldsteinen ausgepflastert sind, dienet auch zu weiter nichts, als dass der Bürgerschaft die königlichen Verordnungen darin bekannt gemacht werden, indem darin keine Spur zu finden ist, was zu einem Rathause gehört. Die eine Stube ist indessen bis jetzt vermietet gewesen, und haben der Rat und der Stadtschulze die Miete als ein Emolument (d. h. Einkommensteil) bezogen. Die Bürgerschaft hat solches bisher immer reparieren lassen, nunmehr ist solches aber dermaßen verfallen (also im Jahre 1798, 63 Jahre nachdem 1735 erfolgten Neubau), dass eine Hauptreparatur, die wohl einige 100 Taler kosten möchte, erforderlich ist. Diese will die Bürgerschaft nicht aufbringen und daran wenden, weil die jährliche Miete mit den Zinsen vom Kapital und den jährlich zu verwendenden ferneren Reparaturkosten in keinem Verhältnis steht, und wenn ja die ganze Bürgerschaft sich einmal versammeln müsste, welches doch selten erfordert wird, selbige aber ebenso gut im Schulzengerichte geschehen könne, die sonstigen gewöhnlichen Verhandlungen aber doch immer im Hause des Bürgermeisters aber bei Anwesenheit des Commissarius loci (des für Calbe zuständigen Beamten der altmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Stendal) in dessen Absteigequartier vorgenommen seien. Ich habe mir alle Mühe gegeben, vom Ursprung dieses Gebäudes, aus welchen Fonds solches beschaffet sei, usw. sichere Nachricht zu erhalten, und Verhandlungen darüber aufzufinden. Aber vergeblich, und kann ich weder in meiner Registratur, noch in der des Magistrats deshalb etwas auffinden, wie denn auch das Gesamtgericht versichert, dass in dessen Registratur darüber nichts aufzufinden sei, trotzdem die Bürger behaupten, dass vormals zu diesem Hause eine Wiese und eine Holzkavel gehöre. Das Wahrscheinlichste, und worin die Überlieferungen übereinstimmen, ist, dass dies Gebäude zur Wache und zum Lazarett gedient habe, als Calbe in älteren Zeiten mit einer Compagnie Kürassiere belegt gewesen sei. Einige setzen nach Hörensagen die Erbauung ins Jahr 1736, andere ins Jahr 1712 zurück. Die Bürgerschaft will dies Gebäude gegen Übernahme einer darauf lastenden Schuld von 60 Talern, welche in alten Zeiten entstanden ist, und einem der Miete angemessenen Kanon verkaufen. Hierzu würde sich wegen der guten Lage mitten im Städtchen ein Liebhaber finden, indessen halte ich bis jetzt dafür, dass es besser sei, wenn solches wirklich zu einer Art von Rathaus eingerichtet werden könnte. Ehe man aber in dem einen oder andern weitergehen kann, möchte es wohl erforderlich sein, dass man doch vom eigentlichen Ursprung und Bestimmung des Gebäudes, desgleichen dem Fonds, woraus selbiges erbaut worden, und da diese königlich gewesen zu sein scheinen, ob Fiskus das Eigentum oder Bürgerschaft etwa streitig machen möchte, vollständig unterrichtet sein. Ew. Kgl. Majestät habe ich daher untertänigst bitten wollen, in der alten Kammer-Registratur nachsehen und dasjenige, was sich darüber findet, mir zukommen zu lassen. Ich ersterbe in tiefster Devotion. Ew. Kgl. Majestät untertänigster Knecht Stosch".

Der Kriegs- und Domänenrat Stosch erhält auf seine Bitte an den König um Auskunft über das Calbenser Rathaus nach kurzer Zeit folgende Antwort vom König Friedrich Wilhelm III. Unsern gnädigen Gruß zuvor. Da in der Registratur unserer Kammer keine Nachrichten inbetreff des Rathauses zu Calbe an der Milde befindlich sind, so können wir Euch dergleichen nach Eurem Antrage vom 16. Mai 1798 nicht mitteilen. Sind Euch in Gnaden gewogen. Berlin, den 2. Juni 1798. Fr. W. Das sind also die Nachrichten vom ersten Rathause in Calbe.

Aus den verschiedenen Berichten schält sich nun folgendes Bild heraus. Das mitten in der Stadt Calbe a. d. Mitde belegene älteste, schon um 1642 im ältesten Kirchenbuche erwähnte sogenannte Rathaus war ein einstöckiges Gebäude von etwa 6-8 m-Front (5 Verband) und enthielt außer dem Flur eine zweifenstrige Stube und eine einfenstrige Kammer, beide ohne Dielen, nur mit Feldsteinen gepflastert. Dieses stolz mit „Rathaus“ bezeichnete Gebäude führt in den alten Akten die Bezeichnung „Ratsbude". Es diente dem ersten Ratsherrn als Raum zur Besprechung mit den anderen Ratsherrn und städtischen Deputierten und auch zur Bekanntgabe aller obrigkeitlichen Verordnungen an diese und andere einzelne Bürger. Diese Ratsbude war mit einer Wiese und einer Holzkavel ausgesteuert. Ein Zimmer war noch vermietet und brachte an jährlicher Miete 5 Taler ein. Im Jahre 1719 wurde diese Ratsbude von der im Bürgerquartier liegenden Compagnie Kürassiere in der Ermangelung eines anderen passenden Hauses zu einem Wachthause oder corps de garde beschlagnahmt und etwa 70Jahre lang von Militär zu solchem Gebrauch behalten. Die städtischen Verwaltungsarbeiten und Deputiertensitzungen fanden in dieser Zeit in dem Hause des ersten Ratsherrn, der auch Bürgermeister, Konsul oder Senator genannt wurde, ihre Erledigung.

Nach Aufhebung der Garnison übernahm die Stadt wieder ihre Ratsbude. Da dieselbe sich jedoch nicht mehr zu einem Rathause eignete, erwarb die Stadt das neben der Ratsbude liegende Grundstück durch Kauf, wenn ich nicht irre, von dem Brauer List. Der Calbenser Rezeß nennt das Calbenser Rathaus und das danebenliegende Wachhaus genannte Haus. Wenn wir auch nicht mehr feststellen können, seit wann Calbe ein Rathaus oder eine Ratsbude gehabt hat, so sind wir doch sehr erfreut, dass uns der Rezeß die Stadtlage des ersten Rathauses genau angibt. Also das mitten in der Stadt befindliche Rathaus stand auf dem am Markt belegenen, jetzigen Baumann'schen Grundstück. Und das daneben angekaufte Haus wurde

das zweite Rathaus in der Stadt Calbe a. d. Milde.

das 2. Rathaus
Das 2. Rathaus - späteres Hirtenhaus, dann abgebrannt


Dieses zweite Rathaus, kennen noch die alten Calbenser als ihr ehemaliges Rathaus. Aus Calbe geht mir die Nachricht zu: Das Rathaus ist auch abgebrannt. Welches Rathaus das ist, weiß ich nicht; ich vermute aber die alte Ratsbude, also das erste Rathaus. Mit der Einführung der Städteordnung durch Stein und Hardenberg 1808 und der damit für städtische Angelegenheiten verbundenen größeren Verwaltungsarbeit war die Beschaffung eines zeitgemäßen. Rathauses eine Notwendigkeit. Die Stadt Calbe erhielt auch nun ein eigenes Rathaus am Markt Nr. 8. Es umfasste die beiden Häuser, das zweite und dritte von der Ecke Markt und Gardelegerstraße. In dem oberen Stockwerk des ersten (des jetzigen Kleinbahn-Gebäudes) lag an der Frontseite der große Sitzungssaal für Magistrat und Stadtverordnete, und dahinter das Ratszimmer für den Magistrat.

Im unteren Stockwerk befanden sich die Büroräume. In dem daneben liegenden Gebäude, der alten „Ratsbude", war die Wohnung des Polizeibeamten, dahinter lag das Gefängnis. Den alten Calbensern ist aus dieser Zeit noch der Polizist Kufky, ein großer Gardemann, genannt „der lange Kufky“, wohl bekannt, vor dem die Kinder einen gewaltigen Respekt hatten, gerade wie vor einem anderen Calbenser Original, dem alten Hesselbarth. „Hesselbarth kimmt“, war der Schreckensruf, bei dem die spielenden Kinder auseinanderstieben. Vom Jahre 1872 an übernahm der Invalide Gottlieb Piel das Amt des Polizeidieners. Es wird erzählt, dass dessen Mutter ihm öfter ermahnen musste: „Gottlieb, vergitt dat Hinken nich“. Einen gleich großen Respekt konnte sich dann auch der Polizeiwachtmeister Schönbube verschaffen, der auf den Straßen und unter den Calbenser Jungen auf strenge Ordnung hielt. Im Jahre 1868 übernahm noch dem Tode des Bürgermeisters Mittelstraß der Postverwalter Ferdinand Plaideur das Bürgermeisteramt und verlegte sein Doppelamt in das seiner Ehefrau Emma, geb. Meder gehörige Haus. Dies Privathaus wurde somit

das dritte Rathaus in der Stadt Calbe a. d. Milde.

das 3. Rathaus
Auszug aus einem Stadtplan von 1885

Weil in diesem dritten Rathause auch die Post untergebracht war, erhielt die ganze Straße den Namen Poststraße. Die Post lag in dem unteren Stockwerk zur rechten Hand, während sich die Bürgermeisterei in dem oberen Stockwerk befand. In den 60 er Jahren war die Post in der Gardelegerstraße in dem Kaufmann Gerekeschen Hause (jetzt Machann) untergebracht, später dann auf dem Kummert'schen Grundstücke an der Stelle, welche jetzt das Braumeisterhaus einnimmt. Nach dem Tode des Bürgermeisters Plaideur kam die Stadt Calbe durch sein hochherziges Vermächtnis in den Besitz dieses dritten und jetzigen Rathauses. Eine Gedenktafel erinnert mit folgenden Worten an den gütigen Stifter: Geschenkt von Ferdinand Plaideur, Bürgermeister der Stadt Calbe/M. von 1868-1904 u. seiner Ehefrau Emma geb. Meder. Calbe a. Milde, den 31. Mal 1911. Zur Zeit, im Jahre 1937 dient dies dritte Rathaus der Verwaltung der Stadt und dem Polizeiwachtmeister zur Wohnung. Dem Mangel, dass es in diesem Rathause an einem größeren Sitzungssaal fehlt, konnte dadurch abgeholfen werden, dass für die größeren Sitzungen der für solche Zwecke geeignete kleine Saal des evangelischen Gemeindehauses bereitwilligst zur Verfügung gestellt wird. Wenn man in alten vergilbten und verstaubten Blättern lesen darf, gewinnt man den Eindruck, dass in den verschiedenen Rathäusern treu und hingebend für das Wohl der Stadt gearbeitet worden ist. Mancher Ratsmann oder Bürgermeister hat Jahrzehnte lang ohne jede Entschädigung unter Hintansetzung seines eigentlichen Berufes der Stadt Calbe a. b. Milbe gedient, weil in karger Zeit städtische Mittel nicht verfügbar waren, und die Kassen landesherrlicher Obrigkeit auch nicht helfen konnten. So wird hier und da in der Reihe der Stadtoberhäupter manches schöne Bild der Vergangenheit erscheinen, und uns Nachfahren geziemende Anerkennung und Bewunderung abnötigen.

Aus der Amtszeit einiger Bürgermeister in Calbe a. d. Milde.

Eigentliche Bürgermeister gibt es in Calbe erst seit dem Jahre 1789, als die Herren von Alvensleben dem König Friedrich Wilhelm III, am 4. April des Jahres angezeigt hatten, dass sie anstelle des Ratmannes und Schneiders Zacharias Wegert den Calbenser Apotheker Johann Gottfried Paalzow zu dessen Nachfolger mit dem Charakter als Bürgermeister gewählt hätten und gehorsamst den König um die Bestätigung desselben bäten.

Bis dahin waren, soweit man die Geschichte der Stadt verfolgen kann, mehrere Deputierte ober Ratsmänner, gewöhnlich 4 an der Zahl, die Leiter der städtischen Angelegenheiten, von denen der erste den Titel Konsul oder Senator aber auch Bürgermeister führte. Die eigentliche obrigkeitliche Verwaltung lag in den Händen der Herren von Alvensleben, welche dieselbe durch ihren Justitiarius oder Gesamtrichter ausüben ließen. Die Ratsmänner oder Deputierten besaßen nur die kleinere, städtische Polizeigewalt. Calbe war als Mediatstadt ebenso wie Arneburg, Arendsee und Bismark an die Entscheidungen Ihrer adligen Herrschaft gebunden. Zur Ausführung der Polizeigewalt standen den sogenannten Bürgermeistern später auch Beamte zur Verfügung. Um 1750 gab es einen Bettelvoigt Pape, der also auf fremde Bettler Acht zu geben hatte. 1757 wird ein Gassenvoigt Gottlieb Wernecke genannt, und 1767 übten sogar 2 Polizeibeamte ihr Amt aus, ein Polizeireuter Kaulbars und ein Ratsdiener, dessen Namen das Kirchenbuch nicht nennt. Auch erscheint 1710 schon ein Nachtwächter Bindemann.

Wenn wir nun unter den Stadtgewaltigen auch die Bezeichnung Bürgermeister finden, so ändert dieser Titel, der den Träger wohl ein größeres Ansehen geben mochte, an dem eigentlichen Bilde nichts.

Als erster in der Reihe begegnet uns im 30jährigen Kriege ein Consul und Bürgermeister Johannes Schulze von 1628 bis 1634, ferner ein Henning Tyleke, Kaufmann, Ratsherr und Kirchenältester, welchem im Pestjahr 1636 alle Kinder und Dienstboten an der Pest starben. 1642 wird ein Jakob Guilleth als Konstabel, Kontroller, Büchsenmeister und Bürgermeister genannt. Nach diesen vielen Titeln scheint er ursprünglich ein von Alvenslebenscher Beamter gewesen zu sein, der dann die städtischen Angelegenheiten als Bürgermeister und zugleich Polizist (Konstabler heißt so viel wie Polizist) leitete. Seine Witwe war eine viel begehrte Patentante, welche ein großes Ansehen im Städtchen genoss und nach ihrem Tode, wie besonders im Kirchenbuch vermerkt, ein sehr ehrenvolles Begräbnis 1670 bekam. 1642 wird Jacob Knape als Ratsherr erwähnt. Es folgt um 1650 ein Johann Tyle oder Tyleke als Bürgermeister und nach ihm bis 1683 ein Johann Krause, Herbergierer, consul und „Bürgermeister". Er befasste sich also auch damit, Fremde zu beherbergen und über Nacht gegen Entgelt in Quartier zu nehmen. Eine Kopfsteuerliste vom Jahre 1697 verzeichnet an erster Stelle den Schwiegersohn des Vorigen einen Jakob Arnold Bünemann als Steuereinnehmer, Ratsherren und Bürgermeister, der noch 1721 dies Amt bekleidet. Auch dessen Sohn Chr. Heinrich Bünemann ist von 1721 an Bürgermeister. Diesem Mann erging es sehr übel. Mit Energie führte er seines Vaters Amt weiter. 1719 ist Calbe mit einer Compagnie Reuter vom Kgl. Leibregiment belegt worden. Die Straßen, Wege, Brücken sind aber in keinem guten Zustande, jedenfalls reicht ihre Beschaffenheit nicht für die Anforderungen des Militärs aus. So sind umfangreiche Pflasterungen in der Stadt und draußen vor den beiden Toren und an der Schanzbrücke dringend notwendig. Der Ratsherr Bünemann muss sie ausführen lassen. Da er keine städtischen Mittel zur Verfügung hat eine Kämmerei- oder Stadtkasse gibt es noch nicht, sie wird erst 1801 eingerichtet - und sich die Einwohnerschaft selbst durch die Einquartierungslast sehr bedrückt fühlt, muss Bünemann aus eigenen Mitteln die Kosten decken Die ihm zufließenden Nutzgebühren an Damm- und Brückengeld reichen bei weitem nicht aus, das Verauslagte zu ersetzen. Es bleibt ein ungedeckter Rest von 70 Talern. Auch geht die jährliche Miete des zur Wachtstube beschlagnahmten Rathauses dem Bürgermeister verloren. So bezieht er für sein Amt und seine Arbeit keine Entschädigung, muss im Gegenteil immer verauslagen. Seine Beschwerden und Eingaben bei der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammmer in Stendal bleiben ohne Erfolg. Er wird von Jahr zu Jahr vertröstet. So geht das 16 Jahre lang. Die ihm als Gehaltsteil verloren gegangene Miete beläuft sich schon auf 80 Taler. Ein an den König 1737 eingereichtes Gesuch um Erstattung der beiden Posten erfährt eine runde Ablehnung. Ein Jahr darauf wagt er noch einmal, den König wenigstens um Rückerstattung der verauslagten 70 Taler zu bitten. Er habe das Seinige solange bei diesen elenden Zeiten entbehren müssen. Es sind zur Zeit wieder leider! zwei Brücken unpassierbar geworden, deren Wiederherstellung wenigstens 80 Taler kosten würde. So bitte er um des Königs Huld und Gnade. Dies Gesuch wird von der Kriegskammer in Berlin befürwortet. Es habe nicht an Bünemann gelegen, dass er seine Forderungen so spät an melde; er habe sich des Öfteren bei der Kriegskammer in Stendal gemeldet, sei aber immer beschieden worden, dass er Geduld haben müsse. Würde Bünemann abschlägig beschieden, so ginge er dem gänzlichen Ruin entgegen. Er habe alle Schäden immer schnell und gut abstellen lassen. und seit langen Jahren die Kosten ohne Interessen (d. h. ohne Zinsen) vorgeschossen. Die Accise-Kasse in Calbe könne wohl die Kosten ersetzen und wenigstens die verauslagten 70 Taler als einen Zuschuss zur Befriedigung des Bünemann auszahlen. Auf diese Fürsprache genehmigte der König die Entnahme der 70 Taler aus der Calbenser Accise-Kasse. Trotzdem werden diese bewilligten 70 Taler nicht sogleich angewiesen. Auf eine erneute Eingabe an den König befiehlt dieser schon nach 2 Tagen die sofortige Auszahlung der verauslagten 70 Taler. Auf die anderen 80 Taler muss aber Bünemann verzichten.

Ein ausführliches Lebensbild gibt ein Aktenstück von dem Kaufmann und Senator Werner Schmidt in Calbe a. d. Milde. Er war laut Kirchenbuch i. J. 1692 in Calbe geboren als Sohn eines Hans Schmidt und seiner Ehefrau Elisabeth Michaels, Valentin Steffens Witwe und wurde Kaufmann, verheiratete sich 1719 mit einer Salzwedlerin Elisabeth Margarete Laue. Wir finden ihn als Kauf- und Handelsherrn auf dem jetzigen Stapel'schen Grundstück. Er interessiert uns besonders, weil er der Ururgroßvater des altehrwürdigen Tischlermeisters Robert Herper ist. Seine Enkelin Anna Soph. Wilhelmine Schmidt heiratete 1786 den Kürassier, Schwarz und Schönfärber Johann Christian Herper, den Großvater des eben genannten Calbenser Bürgers Robert Herper. Dieser Senator Schmidt leitete als ältester Ratmann die Geschichte der Stadt Calbe während eines Menschenalters um die Zeit des 7jährigen Krieges. Ein von ihm an den Kriegs- und Domänenrat Weyde in Stendal eingereichtes Gesuch lässt uns in die Tätigkeit eines Calbenser Bürgermeisters hineinblicken und mag hier in wörtlicher Abschrift folgen. Calbe, 30. Juli 1771, da ich bereits Sr. Kgl. Majestät 40 Jahre als ein Glied des Magistrats alleruntertänigst und allergehorsamst gedient, die vorkommenden Kammer- und Polizeisachen ohne eine Entschädigung, auch nicht mal für Schreibmaterialien besorgen musste, besonders seit dem 7jährigen Kriege 1756, nachdem mein Kollege 1755 gestorben, mir das Amt einzig und allein bei den vielen Unruhen während des Krieges, als auch nach dem Kriege die vielen Neuigkeiten und Veränderungen mit der größten Sorgfalt allergehorsamst zu beobachten obgelegen, also und dergestalt wegen vorkommender und überhäufter Arbeit in meiner Handlung und Wirtschaft verhindert, auch sehr beeinträchtigt worden, womit doch sonst mein bischen Brot erwerben sollte, und daher mich gemüßigt gesehen, meine Wirtschaft zu quittieren, mithin umso vielmehr nicht existieren kann.
So habe ich Ev. Wohlgeboren, den Herrn Kriegsrat ganz gehorsamst ersuchen wollen, Sr. Majestät meine aller untertänigste Bitte vorzutragen, in Betracht meines Alters (79 Jahre) und im Amt ohne ein Fixum und Schreibmaterialien bekommen zu haben, 40 Jahre gestanden, mithin das Meinige bei dem Dienst eingebüßt, zu einer Unterstützung von 1755 bis 1770 mir, dem Senator Schmidt, wegen Entschädigung und Schreibmaterial für diese verflossenen 15 Jahre, jährlich 6 Taler, in Summa 90 Taler allergnädigst zur Pege meines alten Körpers allerhöchst zu schenken und aus der Haupt-Unterstützungskasse auszahlen zu lassen, geruhen wollten. Wofür Sr. Kgl. Majestät mit alleruntertänigster Dankbarkeit noch die übrige Zeit meines Lebens nach Vermögen das Amt allergehorsamst aufs sorgfältigste zu beobachten erstreben wolle. J. W. Schmidt. Vorstehendes Gesuch reicht der Kriegs- und Domänenrat Weyde in Stendal an den König mit folgender Befürwortung weiter: Die von dem Senator J. W. Schmidt in Calbe a. M. in seinem Bittgesuch vorgebrachten Umstände beruhen auf Wahrheit. Alle Polizei und Kammersachen hat er seit 1756, und also seit 15 Jahren, ganz allein bearbeiten müssen, ohne einen Pfennig Gehalt zu bekommen, noch weniger aber etwas zu Schreibmaterialien, welche er folglich aus eigenen Mitteln noch dazu hergeben müsste. Des Weiteren bestätigt Weyde dem Senator Joh. Werner Schmidt, dass er wegen Amtsüberlastung in Geschäft und Ackerwirtschaft Schaden erlitten und in die kümmerlichsten Umstände versetzt worden sei. Seiner Pflicht sei Schmidt nach seinem Vermögen aufs treulichste und beste vorgestanden, und niemals ist Klage über ihn geführt worden. Sein Gesuch, ihm für die letzten 16 Jahre jährlich 6 Taler zu bewilligen sei billig und entsprechend den aufgewendeten Arbeiten und Schreibmaterialien. Ew. Kgl. Majestät sind zu gerecht, als dass dieser Mann, der sein weniges Vermögen zu dem allerhöchsten Dienste willig hergegeben hat, sein hohes Alter dürftig und von allem entblößt hinbringen sollte. Die Stadt Calbe ist zu arm, dass sie etwas dazu hergeben könnte; es sind auch keine Fonds dazu vorhanden. Zu wünschen wäre es, wenn den Magistratspersonen etwas jährlich zum Gehalt gegeben werden könnte, indem es niemanden zuzumuten sei, sich ohne die mindeste Vergütung einem Ehrendienst zu widmen, da doch der Accise-Einnehmer in Apenburg wegen Wahrnehmens des Polizeidienstes jährlich 18 Taler erhält. So dürfte es nicht unbillig sein, wenn auch dem Calbischen Magistrat 18 Taler aus der Serviskasse zugebilligt würden, wodurch sie doch zu mehrerem Diensteifer angefeuert würden, der ganz erkalten muss, wenn sie sehen, dass sie gar nicht die geringste Vergütung erhalten".

Beides, Gesuch des Senators J. Werner Schmidt und Befürwortung des Kriegsrats Weyde in Stendal, werden vom König Friedrich dem Großen abgelehnt, weil sich der vorgeschlagene Fonds zur Bestreitung der erbetenen Zulage nicht eigne.

Wir blicken auch hier in die Nöte schwerer Nachkriegszeit nach beendetem 7jährigen Kriege 1763. Das gute Geschäft des alten Calbenser Kaufmanns und Handelsherrn, sowie seine Ackerwirtschaft warfen nur wenig ab; der Wohlstand schwand dahin, die Kassen waren leer, Gehälter konnten nicht ausgezahlt, Unterstützungen nicht bewilligt werden, die Invaliden, abgedankten Soldaten des 7jährigen Krieges durchzogen als Bettler die Gegend, das Land war verarmt. Und arm war auch Calbe geworben. Ein erschütterndes Bild aus schwerer Zeit in Calbe. Der Senator starb nach zwei Jahren 1773. Die Stadt Calbe hatte damals rund 800 Einwohner. Das Geschäft übernahm der Sohn und führte es noch 30 Jahre weiter. Dann finden wir auf seiner Stelle den Kaufmann Stappenbeck und später die Kaufleute Haberland, Naumann, Micheel und Stapel. Werner Schmidts Amtsgeschäfte führt nur ein Jahr bis zu seinem Tode der Senator Reinecke weiter. Man liest 1774: der Senator Reinecke zu Calbe ist verstorben. Die vakante Stelle ist mit einem guten Subjekte wieder zu besetzen. Die Akten schweigen sich aber über die Ernennung dieses neuen Bürgermeisters aus. Es wird der Schneider Zacharias Wegert an Reineckes Stelle gewählt, der nur den Titel Ratsmann führt, aber zugleich die Servis- und Stempelkasse verwaltet, also gleichzeitig das Amt eines Steuererhebers bekleidet. Aus seiner Amtszeit kann mangels aller Nachrichten nichts berichtet werden. Er hatte das Amt bis zu seinem Tode 1789 inne. Für die Stadt Calbe müssen diese Jahre günstiger gewesen sein, denn die Einwohnerzahl stieg bis 1780 um 100 Seelen und betrug in diesem genannten Jahre 918 Seelen auf 80 Feuerstellen. So konnten die städtischen Angelegenheiten nicht mehr durch einen Ratsmann nebenbei verwaltet werden, mochte er sich nun auch Senator oder Bürgermeister nennen. Die Verhältnisse drängten zur Anstellung eines hauptamtlichen, besoldeten Bürgermeisters.

Die Verhandlungen darüber begannen gleich nach Wegerts Tode. Der Kriegs- und Domänenrat Litzmann Stendal berichtet darüber an den König.

„Was die Magistrats-Bedienung anbetrifft, so hängt deren Besetzung lediglich von den Herren von Alvensleben als der Gerichtsobrigkeit des Fleckens Calbe ab. Ich habe den Justizrat Schulze als den von Alvenslebenschen Gesamtrichter deshalb benachrichtigt und zugleich diejenigen. Eigenschaften benannt, welche ich bei dem zu wählenden Ratsmann wünsche, und werde nicht verfehlen, Ew. Kgl. Majestät demnächst auch die Vorschläge zur Belegung der von Wegert bisher verwalteten anderen Servis p. Kassen einzureichen."

Nunmehr zeigen die Herren von Alvensleben ihrerseits dem König an, dass sie den Calbenser Apotheker und Bürger Joh. Gottfried Paalzow mit dem Charakter als Bürgermeister gewählt hätten, dessen Bestätigung durch Sr. Majestät sie erbäten. Das war a m 18.April 1789. 4 Tage später bittet Kriegsrat Litzman-Stendal den König um Bestätigung des Apothekers Gottfried Paalzow in Calbe zum Bürgermeister daselbst. Da ich, so schreibt er, gegen die Tüchtigkeit und Qualität des Paalzow nichts einzuwenden habe, bitte ich alleruntertänigst die getroffene Wahl sobald als möglich in Gnaden zu bestätigen. Übrigens hat der Bürgermeister ober Ratmann zu Calbe gar kein festes Gehalt, sondern nur das Städte-Geld und den Dammzoll zu seinen Einkünften, für welch letztere Einnahme er aber auch den Damm in brauchbarem Zustande halten muss, sodass er seine ganzjährigen Einkünfte auf höchstens 20-25 Taler jährlich berechnen möchte.

Nach kurzer Zelt, am 17. Mai 1789, bestätigt der König Fr. Wilhelm II. den von den Herren von Alvensleben bestellten Bürger und Apotheker Gottfried Paalzow als Ratmann und erteilt ihm den nachgesuchten Charakter als Bürgermeister und bewilligt ihm das auf 25 Taler angegebene jährliche Einkommen.

So hat denn Calbe seit dem Jahre 1789 seinen ersten festbesoldeten Bürgermeister, den ehemaligen ersten Apotheker Johann Gottfried Paalzow, von dessen Apothekengründung Calbe an anderer Stelle zu berichten sein wird. Ein langes Aktenstück redet von dem Apotheker Paalzow, während wir von dem Bürgermeister Paalzow nur wenig erfahren können. 12 Jahre hat er sein Bürgermeisteramt verwaltet, bis er im Jahre 1801 im rüstigsten Mannesalter starb.

Um die Jahrhundertwende, im Jahre 1800, zählte die Stadt 805 und die beiden Rittergüter 135 und 49 Seelen, also zusammen 989 ober rund 1000 Einwohner. Die bei den beiden Rittergütern genannten Zahlen 135 bzw. 49 bezeichnen nicht etwa nur Angestellte und Beamte der adligen Güter, sondern vielmehr die zum Gutsbezirk auf adligem Grund und Boden außerhalb der Stadt wohnenden Handwerker, Fischer, Jäger, Gärtner, Beamte und Angestellte der adligen Herrschaft. Man nannte sie die Eximierten, die außerhalb der Stadt in der jetzigen Stendalerstraße wohnten. Calbe, die Stadtbewohner und diese Eximierten zusammen, zählten also um 1800 rund 1000 Seelen.

Im Jahre 1801 zeigt der Gesamtrichter Schulze namens der Gevattern von Alvensleben, dem König an, dass der Polizei-Bürgermeister Paalzow verstorben sei, und das die Herren von Alvensleben einen Beamten Ihres Gesamtgerichts, dem Protokollführer Friedrich Riß die frei gewordene Bürgermeisterstelle und die damit verbundene Polizeigewalt über die Stadt Calbe übertragen hätten. Der Kriegsrat Stosch in Stendal habe gegen diese Berufung nichts einzuwenden. Das Gehalt wird aber zur Zeit für unzureichend erachtet. Der neue Bürgermeister erhebe nur Damm- und Brückengeld, müsse aber Dämme und Brücken dafür instandhalten. Diese sind natürlich, wenn sie nur aus der Tasche eines Mannes erhalten werden müssen, schlecht genug. Es dürfe wohl weiter nichts übrig bleiben, als dass der neue Bürgermeister das Wagegeld, welches er auf den zwei in Calbe in gutem Gange befindlichen Wollmärkten erhebt, erhöhen müsste, welches wohl an 16 Taler beträgt. Aber der Bürgermeister muss auch Wage und Gewichte selbst in Ordnung halten, und beim Abwiegen die Gehilfen bezahlen. Der Bürgermeister lässt auch das Standgeld auf den Jahrmärkten erheben, welches 12 Taler ausmacht, ferner bezieht er 8-9 Taler Miete von einem „Hause", welches die Bürgerschaft erhalten muss, und man weiß nicht, woher und warum dies Haus „Das Rathaus“ genannt wird, und als Beisitzer der Gewerke - es sind die Leineweber mit 26 Meistern, die Schuhmacher mit 24, die Schneider mit 16, die Tischler mit 6 und die Brauer mit 7 Meistern für Ein- und Ausschreiben von Meisterrechten, Lehr und Geburtsbriefen errechnet er sich die Gewerks-Einnahmen auf 30 Taler. Dabei hat der Polizei-Bürgermeister, also der Bürgermeister der Stadt, seit 4 Jahren von der Bürgerschaft ein Fixum von 12 Talern. Denn da vormals der Bürgermeister für jede Anlage und für jede etwas umständliche Arbeit nach einer alten Observanz einige Groschen Schreibgebühren ansetzte, worüber bei einzelnen Posten, deren Gegenstände in älteren Zeiten nicht vorgekommen sein mochten, oft Streitigkeiten entstanden, so habe ich - schreibt Stosch – die Sache dahin geleitet, dass die Bürgerschaft für alle Arbeit und Schreiberei in der allgemeinen Polizei und Stadtverwaltung obige 12 Taler jährlich bewilligt hat. Was die Serviskasse betrifft, welche der verstorbene Bürgermeister Paalzow in den letzten Jahren auch gehabt und wobei 12 Taler Gehalt sind, so habe ich solche Rendantur vorläufig einem wohlhabenden Bürger übertragen, und muss ich mir vorbehalten, dieserhalb noch besonders zu berichten, weil die Bürgerschaft ihre Kollekten oder Anlagegelder durch einen Bürger erheben und verrechnen lassen will und wünscht, dagegen ich kein Bedenken habe, dem Rieß zu einiger Hülfe in seinem Einkommen beizustehen.
Ew. Kgl. Majestät untertänigster Stosch.

Die Stadt Calbe hatte also bis zum Jahre 1801 noch keine besondere Kämmerei oder städtische Kasse. Die Einnahmen und Ausgaben hatte der Bürgermeister nebenbei mitverwaltet. Jetzt soll nun eine besondere Stadtkasse mit Verwaltung der Servissteuern durch einen eigenen Rechnungsbeamten eingerichtet werden.

Unter dem 2. September 1801 genehmigt der König die Bestallung des bisherigen „Protokollführers und vereideten Ingrossators des Hypothekenbuches bei ihrem Gesamtgericht“ Friedrich Rieß zum Polizeibürgermeister der Mediat-Stadt Calbe, indem er die besonders aufgeführte Einkünfte-Zuweisung den Herren von Alvensleben überlässt. Am 27. Oktober 1801 bittet der neue Bürgermeister Fr. Rieß in einem Immediatgesuch den König, ihm die bei seiner Berufung zum Bürgermeister eingeforderten Kanzleigebühren von 14 Talern 2 Groschen und 2 Pfennigen allergnädigst zu erlassen, oder doch wenigstens für ein halbes Jahr zu stunden, da seine Diensteinkünfte äußerst gering seien.

Der König verfügt aber, dass ein Erlassen der Gebühren nicht möglich sei, da die dazu vorgeschlagene Kasse nicht imstande sei, diese Kosten zu tragen. Eine Stundung könne wohl erfolgen, und so sollen in Raten die schuldigen Schreibgebühren erhoben werden. Der Versuch, einen besonderen Rendanten für die Kasse zu finden, führt zu keinem gewünschten Ergebnis. Es wird wohl ein Gastwirt Blume zur Übernahme dieser Kasse gegen eine Entschädigung von 12 Talern im Jahre willig gemacht, aber schon nach 1/2 Jahre legt Blume sein Amt nieder, da es ihn in seinem Gastwirtsberufe zu sehr behindert.

Nach vielen Bemühungen wird als Ersatz für ihn der bisherige Stadtverordnete, Garnwebermeister Christoph Krüger gefunden, der gegen Erlegung einer Sicherheit von 100 Talern das Rendantenamt für 12 Taler Jahresgehalt annimmt. 4 Jahre führt er die Kasse aber wegen zu großer Arbeit legt er auch dies Amt wieder nieder.

Schließlich befiehlt 1806 der König. das Amt des Servis Kassenverwalters wieder dem Bürgermeister Rieß zu übertragen mit einem jährlichen Gehalt von 18 Talern. Der Kriegsrat Stosch wird aber vom König angewiesen, die Kassenverwaltung des p. Rieß zu überwachen, da es nicht zulässig sei, dass ein Bürgermeister, zu dessen Amtsobliegenheiten die Überwachung der Kasse gehöre, eine solche selbst verwalte.

Rieß blieb Bürgermeister bis zum Jahre 1808; von da an führte er in der westfälischen Zeit den Titel, „Kanton Maire“. Er starb 1812, erst 39jährig in Calbe. Es war noch Franzosenzeit. Aber schon neigte sich Napoleons Stern. Seine Heere fluteten in heller Auflösung, von Kälte und Hunger zermürbt, von Russland zurück durch Deutschland. Ein neuer Kanton-Maire, ein Bürgermeister von Napoleons Gnaden kam für Calbe nun auch nicht mehr in Frage. So übernahm ein angesehener gebürtiger Calbenser vorläufig das Bürgermeisteramt. Das war der in Calbe 1766 geborene Kaufmannssohn Kasimir Fr. Wilhelm Porrée, Enkel des Steuereinnehmers Kasimir Friedrich Porrée in Calbe. Er erlebte die große Zeit der Freiheitskriege von der in der Calbenser Kirche eine schlichte schwarze Gedenktafel und auf dem Kirchhofe noch ein eigenartiger Gedenkstein eines Freiheitskämpfers Zeugnis ablegen, als Bürgermeister seiner Heimatstadt und behielt dies Amt auch nach dem Kriege noch bis zum Jahre 1822, 10 Jahre lang. Er starb 1830 in Calbe. Ihm folgte der in Nienhagen bei Halberstadt 1770 geborene Karl August Doelecke als Bürgermeister von 1822 bis 1842, der als Pensionär in Calbe 1852 starb. Wieder wurde ein Calbenser Kind zum Bürgermeister berufen, der 1807 in Calbe geborene Ludwig Ferdinand Mittelstraß Bei seiner 1837 in Calbe erfolgten Trauung mit Kath. Joh. Ermeling wird er als Sekretär und Komissionsagent bezeichnet. 20 Jahre lang bekleidete er sein Amt und starb 1808 nach langwierigem Lungenleiden in Calbe Ein schöner Junitag des Jahres 1861 war sein Ehrentag. Vor dem Rathaus am Markt in Calbe durfte er dem Kronprinz Friedrich, den späteren Kaiser Friedrich mit seiner Gemahlin auf ihrer Durchreise nach Tylsen zum Baron von Knesebeck begrüßen, ihnen die Hand reichen, und aus ihrem Munde für seine Heimatstadt Calbe das Lob hören: „Wir haben schon viele Städte und Dörfer gesehen. Aber die Stadt Calbe glänzt wie ein Schmuckkästchen. Namentlich hat die wiesen- und weidenreiche Gegend meine Gemahlin, die Kronprinzessin interessiert und an ihre Heimat erinnert. Entbieten Sie der Bürgerschaft unseren Dank und Gruß.

Von 1868 bis 1904, ein Menschenalter hindurch, betreute der uns Alten noch gut bekannte Bürgermeister Ferdinand Plaideur, die städtischen Belange. Geboren 1836 in Krusemark kam er als Postverwalter nach Calbe, heiratete die Tochter des Fleischermeisters und Landwirts Meder und verlegte nach Übernahme der Bürgermeisterei beide Ämter in das seiner Frau gehörige Haus, das jetzige Rathaus, und zwar die Post unten zur rechten Hand, und die Bürgermeisterei in das obere Stockwerk. Später gab er die Post ab, weil beide Ämter für einen Beamten zu umfangreich geworden waren. Da seine Ehe kinderlos geblieben war, schenkte er fein Haus als Rathaus der Stadt. Eine Gedenktafel am Rathause erinnert an diese hochherzige Stiftung mit der Aufschrift: Geschenkt von Ferdinand Plaideur, Bürgermeister der Stadt Calbe a. M. von 1868 bis 1904 und seiner Ehefrau Emma geb. Meder, Calbe a. M., den 31. Mai 1911. Die nachfolgenden Bürgermeister haben fast alle nur kürzere Zeit in Calbe amtiert, sodass die Erwähnung ihrer Namen und ihrer Amtszeit genügen dürfte. Es sind die Bürgermeister Heinrich Schreck aus Herford i. W. 1904-1905, Emil Herberholz 1906-1907, August Reimann 1908-1912, der nach Hörde bei Dortmund als Bürgermeister berufen wurde, Johannes Meyer zum Gottesberge 1912-1914, der später als Bürgermeister in Melle (Hannover) frühzeitig im Jahre 1931 starb, Alwin Schütze 1914-1919, der zum Bürgermeister in Lüchow (Hannover) gewählt wurde, Hugo Blieffert 1919-1924, aus Schwerin i. M. gebürtig und Kurt Günzel 1924-1936, gebürtig in Namslau i. Schl., Bürgermeister in Hitzacker a. E. und danach solcher in Calbe. Ihm hat Calbe die Wasserleitung und das moderne Kopfsteinpflaster zu verdanken.

So sind es gerade zwölf vollbeamtete Bürgermeister von dem ersten sogenannten Polizei-Bürgermeister Paalzow bis zum letzten Bürgermeister Günzel, vom Jahre 1789 bis zum Jahre 1936. Nach bestem Wissen und Können haben sie der Stadt Calbe gedient, der Stadt Bestes gesucht in schweren und lichten Tagen. Ihre Namen sollen nicht der Vergessenheit anheimfallen.


Das vierte Rathaus von Calbe (Milde)

das 4. Rathaus

Das vierte Rathaus befand sich gegenüber der Ecke Gerichtsstraße (heute Rathausstraße) Marktstraße.

1958/59 wechselte dann wieder das Rathaus, das alte Rathaus wurde Landwirtschaftsbank und später Sitz des Kreisverbandes der Gesellschaft für Sport und Technik. Das Rathaus zog in die obere Etage der Gastwirtschaft „Stadt Hamburg“, die späteren Ratsstuben ein.

Das Fünfte Rathaus von Kalbe (Milde)

das 5. Rathaus
hier noch als Gaststätte Stadt Hamburg
das 5.2. Rathaus
die Ratsstuben, in der oberen Etage war der Rat der Stadt


Dies hielt dann eine geraume Zeit bis dann um 1982 das ehemalige Schützenhaus in der Schulstraße, was einige Jahre als Oberschule 2 diente, zum Sitz der Stadtverwaltung wurde.

Das Sechste Rathaus von Kalbe (Milde)

das 6. Rathaus
das alte Schützenhaus
das 6.2. Rathaus
unser heutiges Rathaus




entnommen einem Aufsatz von Pfarrer Mosenthin 1935 aus Altmärkische Nachrichten Zeitung für Calbe und Umgebung mit Ergänzungen und Änderungen von Henning Krüger.

 
 
 
 
 
   
  
 

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