Episoden Betr.: Goliath - Erzählung von Dipl.Ingenieur Heinz Wenisch
Im September 1953 begann ich meine Tätigkeit beim Funkamt Bernburg.
Der Leiter war Johann Schittko. Aus seinen Erzählungen konnte ich
folgende Informationen entnehmen.
Seine Eltern hatten einen Bauernhof in Ostpreußen.Während des 1. Weltkrieges flüchtete seine Familie vor den Russen. Er wurde vom Vater mit seinem Freund zurückgeschickt um die Kühe im Stall von den Ketten zu befreien.
Dabei wurde er von den Russen aufgegriffen und als Spion nach Sibirien
verbannt. Auf Grund seiner Jugend, er war ja noch ein Kind, wurde er vom
Bürgermeister eines sibirischen Dorfes adoptiert.
Er studierte in der SU und kam 1945 als Demontageingenieur nach Deutschland.
In diesem Zusammenhang kam er mit zur Demontage des Goliath nach Kalbe.
Er erzählte, daß sehr viel Schaden beim Abbau des Senders verursacht wurde,
z.B .wurden in Röhrenkisten lange Nägel eingeschlagen damit die Röhren
nicht heil blieben, Trafos wurden nicht wie vorgesehen an Ösen,sondern an
Isolatoren aufgehangen, die natürlich die Last nicht aushielten usw.
Zur Quarzstufe teilte er uns mit, dass diese vom damaligen Leiter mit nach
Hause genommen wurde ( Kalbe ) und bei ihm auch gefunden wurde.
Das oben angeführte ist aus Gesprächen mit Herrn Schittko noch in meiner
Erinnerung erhalten.
Als 1953 in der DDR kleinere Sender aufgebaut wurden ortete Herr Schittko
einen Standort in Bismark (ehem.Gerichtsgebäude ).Vermutlich auf Grund seiner Ortskenntnis aus der Demontagezeit in Kalbe. Im Oktober 1953 ging der erste 2 KW Sender auf der Frequenz 989 kHz in Btrieb. Ende 1953 erschien in der Volksstimme(Zeitung) ein Artikel der sich gegen den Betrieb dieses Senders aussprach.
Herr Schittko wohnte bis zu seinem Tode in Bernburg in einer Betriebswohnung des Senders ( Bernburg Zickzackhausen ).
Betr.: Goliath - Gedichte entstanden im Lager von Reinhard Schleiden
Eintrag vom 14.01.2011
Die Gedichte wurden zur Verfügung gestellt von Frau L. Orth.
Sie schreibt, mein Großvater Reinhard Schleiden war 1945 im Gefangenenlager und hat in dieser Zeit etliche Gedichte/Verse geschrieben. Ein Gedicht ist in den Ausführungen von Herrn Bernhard Schulze bereits abgedruckt.
Hier zur Information noch weitere seiner Verse/Gedichte aus dieser Zeit im Gefangenlager "Calbe a.d. Milde".
Die alte Weide
Die Grenze des Lagers -ein Posten auf Wacht,
Scheinwerfer flammen, - rings blaue Nacht.
Da steht, wie ein Bildwerk aus anderer Welt
Eine alte Weide versilbert im Feld,
Vom blendenden Licht umflossen.
Armseliger Baum, dein Bild täuscht mich nicht,
Du stehst in der Nacht, fremd ist das Licht,
Dein Stumpf ist zerfetzt und zerschossen!
Oh, Vaterland, auch du bist so zutiefst ins Herz getroffen.
All um dich her ist fremdes Licht,
Die Zukunft ist glückloses Hoffen.
Und die Weide, sie hat sich das auch nicht gedacht:
"Auf deutscher Erde - in fremder Wacht!"
Unsere Welt
In dem weit sich dehnenden Wiesenrund
Ein kleines Plätzchen auf moorigen Grund,
Aus Rasenbatzen die Wände geschichtet,
Aus Pfosten und Brettern das Notdach errichtet:
Das ist unsre kleine, erbärmliche Welt! -
Aber darüber wölbt sich
das weite, herrlich Himmelszelt
Ein stiller Abend (56jährig)
Wenn ich am Rande des Lagers stehe
und über die blühenden Wiesen sehe,
die sich drüben im Sonnenlicht breiten
dann grüßt mich im vorklingenden Tag
Ein Dörfchen fern vom grünen Hang
Und ich denke vergangener Zeiten.
Wie gern, wenn die Abendglocke klang
ging ich mit dir das Dorf entlang
das feierabendlich ruhte.
So friedlich war die Heimat da,
die Herzen waren sich so nah,
so glücklich war uns zu Mute.
Jetzt aber, da ist mir das Herz so schwer,
Sehnsüchte fliegen dahin - daher,
die meine Liebe zu küssen! -
die Wiesen blühen - der Abend ist still
Und niemand mir Antwort geben will:
"Wo, Herzliebst, soll ich dich finden?"
Die Frage
Ein später Kuckuck ruft weitab im Wald.
Was leb ich an Jahren noch ?
Ist das Ende schon bald?--
Was soll das Zählen und Fragen!
Du kleiner Vogel, ach sag mir doch:
Leben denn meine Lieben noch? -
Du schweigst --- Das kannst Du nicht sagen! -
................
(Kgf.-Lager Calbe, Mai 1945)
Karfreitag den 02.04.2010
Diese Internetseite sollte eigentlich zur Information und Transparenz über die Ereignisse um den Goliath führen. Jedoch gibt es auch andere Ergebnisse. Heute waren ca 7 - 10 Personen auf dem Gelände des Goliath unterwegs um mit Metalldedektoren nach Überbleibseln des Krieges, wahrscheinlich Hinterlassenschaften des Kriegsgefangenenlagers zu suchen. Sie hatten aber leider oder Gott sei Dank keinen Erfolg!
An dieser Stelle könnte Ihre Geschichte, Episode oder Erzählung stehen,
bitte schreiben Sie mir.
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