Geschichten über Kalbe Milde
 

 


 

 

 
Die Gerichtsordnung vom 20. April 1497

Die von Alvensleben besaßen in den Dörfern und in Kalbe die Gerichtshoheit. Die Gerichtsordnung von 1497 gewährt einen Einblick in die Gerichtspraxis.

Jährlich wurden 8 Gerichtstage gehalten, und zwar 4 in Estedt und 4 in Altmersleben.

Montags nach Quasimodogeniti, also kurz nach Ostern, in Estedt, "dazu sollen gehen alle Männer aus der Heiden" und 14 Tage später, montags nach Jubilate, "dazu sollen gehen aus jedem Dorf der rechte Schulze mit drei Männern, aus dem v. Alvenslebischen Teil ein Mann". Die Einteilung lässt darauf schließen, dass an dem jeweils ersten Gerichtstag privatrechtliche Fälle verhandelt wurden, während 14 Tage danach öffentlich rechtliche Fälle zur Verhandlung standen. Die Gerichtstage im Herbst wurden in Estedt montags nach den 11000 Jungfrauen (dies viginum = 21. Oktober) und 14 Tage danach nach der gleichen Einteilung wie im Frühjahr gehalten. In Altmersleben fanden die Gerichtstage jeweils dienstags nach den genannten Terminen statt und hier sollten die Männer , bzw. die Schulzen aus dem Werder und dem Land Salzwedel erscheinen. Die Gerichtskosten betrugen für den Hufner 1 Gulden, für den Kossaten ½ Gulden. die von Alvensleben schickten zu den Gerichtstagen einen Vogt und einen Schreiber. Sie selbst erschienen nicht zu den Gerichtstagen, um das Gericht nicht zu beeinflussen. Später, etwa im 16. Jhdt. ist die Stelle eines Gesamtrichters eingerichtet worden, die bis ins 18 Jhdt. bestanden hat.

Wenn die Bürger in Kalbe unter sich etwas zu verhandeln hatten, dann sollte der Rat der Stadt darüber richten, die von Alvensleben wollten sich nicht einmischen.

Fand man bei dem örtlichen Gericht kein Recht, so konnte man in der Altmark die Landgerichte anrufen, die an der "Krepe" bei Eichstedt und "zur Linden" bei Bierstedt gehalten wurden. Letzte Gerichtsinstanz war das kurfürstliche Gericht in Tangermünde.

Da die von Alvensleben auch im Besitz der Halsgerichtsbarkeit waren, konnten auch körperliche Strafen und Todesurteile ausgesprochen werden. Die Hinrichtungsstätte befand sich an der Voßschanze bei Vahrholz. (noch heute heißt eine Straße in Vahrholz der Galgenberg) Das Mittelalter kannte verschiedene Arten der Bestrafung an Leib und Leben, bei geringeren Vergehen wurde "das Stäupen" oder "der Staupenschlag" angewandt, d.h. der Verurteilte wurde an einen Pfahl gebunden und erhielt mit Lederriemen so viele Schläge, wie das Gericht ausgesprochen hatte. Gestäupt wurde meistens bei Diebstahl, Notzucht, Brandstiftung mit geringen Folgen. Bei schwerem Raub wurde der Verurteilte "gerädert", d.h. mit Rädern oder Keulen wurden ihm die Glieder zerschlagen, ehe er enthauptet oder gehängt wurde. Kindermord wurde mit "Sacken" bestraft, d.h. der (oder die) Verurteilte wurde in einen Sack gesteckt und solange unter Wasser gehalten, bis er ertrunken war. Mord und Totschlag wurden mit Erhängen oder Enthaupten gesühnt. Schlimm war es für die Personen, die der Hexerei angeklagt waren und verurteilt wurden. Sie wurden bei lebendigem Leibe verbrannt. Die Hinrichtungen waren öffentlich und große Teile der Bevölkerung nahmen daran teil. Der Güsselfelder Pfarrer Johannes Rodedöwel hat im dortigen Kirchenbuch einen bewegenden Bericht von einer Hinrichtung gegeben, an der er teilnehmen musste. Der Verurteilte wurde von zwei Pfarrern begleitet, die unentwegt vom Gerichtshaus bis nach Vahrholz ihre Gebete sprachen. Die Schulkinder unter Leitung des Schulmeisters sangen Choräle. In Kalbe hat es über mehrere Jahrhunderte die Stelle eines Scharfrichters gegeben. Die Scharfrichterei gehörte zu den "verächtlichen" Berufen und meistens betrieb der Scharfrichter als seine hauptsächlichste Arbeit eine Abdeckerei.

 
 
 
 
 
   
  
 

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