Geschichten über Kalbe Milde
 

 



 

 

 
Der Visitationsabschied für Kalbe aus dem Jahre 1541

Cellatores alle von Alvensleben zu Calbe gehörig, hat einen Pfarrhof, ist Possessor der Probst zu Arendsee, Ehrn Matthäus Vicke, lässt sie itz und versehen durch Ehrn Steffanus Ruloff. Dieser Pfarre Einkommen und Zugehörung ist, wie folgt:

= 2 hove landes up dem Petersbarge vor Calue, hieven jerlichas tho pachte 2 Wispel roggen und 2 lut wispel gersten, mach de parners de hoven uthdon, weme he will, edder sulvest gebruken. 24 morgen up deme Nonnenwerder, de de parners sulvest ock mach gebruken edder uthdon. Geven 6 morgen 9 schl. roggen, 8 schl. gersten.. twe wische an deme voßdamme vor Calve gelegen."

Hat 300 Communikanten (das bedeutet ca. 1.125 Einwohner), Berichtet dieser Pfarrer, dass die Leute allhier von einer toten Leiche 1 Soltw. Sill. von alters her bisher gegeben haben, dazu die Offertoris, so in den Seelmessen geschehen sind, die 4 Wochen aber haben allein die, so etwas sonderlich reich halten lassen und den Pfarrer davon 15 Stend. Schilling gegeben. Hat allhier in der Pfarrkirche 4 geistliche Lehen und auf der Burg 2. Hat aus jedem Haus in der Stadt auf Weihnachten 1 Pfenning und auf Ostern 8 Eier.

Diese zwei Dörfer Wernstede und Varenholt sind in diese Pfarre inkorporieret; ist ihr Einkommen in beigeheftetem Register zu finden; diese Dörfer geben, die Leute dem Pfarrer, jeder Hufner 8 Eier und die Kossaten 4 Eier, auf Weihnachten Brot und Wurst von alters her, des sie sich itzund weigern, hat in beiden Dörfern 100 Communikanten geben sonst andere Accidentalis, wie in der Pfarre.

Kaplan:

Hat allhier von alters einen Kaplan gehalten, der Unterhaltung ist gewesen eine Behausung zur Kaplanei gehörig, 3 Gulden, so ihm der Pastor oder sein Statthalter samt einem freien Tisch hat geben müssen. Darüber hat er gehabt von einer jeden Braut zu vertrauen 5 Pfg. und zur Einleitung einer Sechswöchnerin auch 5 Pfg. samt einem Wachslicht; sind sonst keine accidentalia mehr vorhanden.

Schulmeister und Küster:

Ist allhier eine Person, hat auch seine Besoldung und Unterhalt nicht unterschieden. Hat ½ W. Roggen, gibt Eliades von Alvensleben, und ½ W. Gerste, gibt Andreas von Alvensleben; hat auf Weihnachten aus jedem Haus 1 Pfg. und sonst alle Quartal auch aus jedem Hause 1 Pfg., desgleichen 3 Pf. alle Quartal vom Pfarrer und 3 Pf. von Vorstehern der Kirche; hat seine Wohnung auf der Schule, hat ein Wehrt, zinst des Jahrs 10 Schill; hat von Schülern alle Quartal 9 Pf.; hat auch alle Tage 2 Präbenden vom Hof gehabt, desgleichen vom Pastor auch täglich 1 Präbende; hat auch M.H: von Havelberg des Jahrs 12 Memorien angerichtet und halten lassen, hat der Schulmeister im Namen eines Küsters und Schulmeisters von jeder 1. Schill. Stend.

Die Kirche zu Calve.

Hat allhier 2 Kelche, einen zum hohen Altar, den andern zu Unser Lieben Frauen Kapelle in der Kirche gelegen; hat 1 Monstranz, 1 Pacem, Viatikum, hat auch allhier 2 kleine silberne Bilder, eins Unserer Lieben Frauen, das andere Sankt Catharinen. Hat das Gotteshaus allhier ! !/2 W. Roggen, geben Matthäus Gebleb zu Buden (Bühne) ½ Wispel, Tiede Schulte zu Calbe, Gories Mosentien zu Groß Enger 6 Scheffel, Hans Krüger item (Groß Engersen) 6 Scheffel.

Bemerkungen zum Visitationsabschied von 1541

Überblickt man die Visitationsabschiede des 16. und 17. Jahrhunderts, stellt man schnell fest, dass weniger die geistliche Verfassung der Gemeinden beschrieben wird, als vielmehr Berichte über die wirtschaftliche und die Vermögensverhältnisse der Kirchengemeinden gegeben werden. Mit aller Vorsicht können wir uns ein Bild zur damaligen wirtschaftlichen Lage des Pfarrers, eines Schulmeisters oder Küsters machen. Vorsicht ist darum von Nöten, weil es sehr schwer ist, die in den Abschieden angegebenen Gulden, Schillings, Mark (Stendaler oder Salzwedeler Währung), pfund, pfennige, Wispel und Scheffel in die uns geläufige Kaufkraft bzw. wertigkeit zu übertragen. In den Visitationsabschieden werden aber z.B. Preise für Schlachtvieh genannt. Geht man davon aus, dass ein Schlachtschwein damals ein ähnliches Gewicht halten musste wie heute, kann man schon Vergleiche der damaligen zur heutigen Währung anstellen. Im 16. Jhdt. kostete ein schlachtreifer Hammel durchschnittlich 1 Taler, ein Schwein 2 Taler, ein Ochse 10 Taler. Unter Berücksichtigung der Währungsreformen, die es auch im 16. Jhdt. gegeben hat (um 1500, 1540, 1598), kann man feststellen, dass der Taler etwa 250,--/300,-- Mark unserer Währung ausmachte, 1 Schilling 11. -- / 13,50 M, 1 Pfennig etwa 1,-- M. Bei Getreidemaßen ergibt ein Wispel (Weizen und Roggen) knapp 20 Zentner, ein Scheffel etwas weniger als 1 Ztn. (86 bzw. 84 Pfund). Die Ernteerträge haben im 16. Jhndt. deutlich unter den Ernteerträgen unserer Zeit gelegen. Erntete man in Deutschland bei Getreide 1913 20,5 dt. pro ha, 1936 19 dt./ha, 1963 (DDR) 24,7 dt/ha so lagen die Erträge im 16. Jhdt. bei Rogen etwa 9-10 dt./ha. Wurden von der Hufe (10 ha) 1 Wispel (10 dt.) Pacht gegeben, so war das etwa der 10. Teil des Ernteertrages.

Auch in anderer Beziehung geben die Visitationsabschiede noch wichtige Aufschlüsse. So war die Kirche damals ein bedeutender Kreditgeber. Man muss sich vorstellen, dass Geldinstitute (Banken, Sparkassen usw.), wie wir sie kennen, kaum bekannt waren. Wollte man sich Geld leihen, so lieh amn es sich bei der Kirche. Der Zinssatz bewegte sich im 16, Jhdt. zwischen 5 und 6 %.

Der Visitationsabschied von Kalbe stellt zunächst fest, dass das Besetzungsrecht der Pfarrstelle "alle von Alvensleben zu Calbe gehörig" hatten. 1541 war Inhaber der Pfarrstelle der Probst zu Arendsee. Das hängt damit zusammen, dass Matthäus Vieke, probst im Kloster Arendsee, vorher Pfarrer in Kalbe war und die Rechte und Pflichten der Pfarrstelle bei seinem Weggang ihm belassen waren. Er war für die Erfüllung der Pflichten verantwortlich und hielt daher einen anderen Pfarrer in Kalbe, den schon genannten Stephan Ruloff. Diese Regelung ist nach Vieke’s Tod 1542 aufgehoben worden. 1541 hatte Kalbe etwa 450 Einwohner, was 300 Kommunikanten, also zum Abendmahl Zugelassene bedeutete.

Das Einkommen des Pfarrers setzte sich aus Naturaleinkommen und Geldeinnahmen zusammen. An Naturaleinnahmen hatte er etwa 400 Zentner Getreide, 600 Eier, 12 - 15 Fuder Heu, Kabelholz und was er selbst UF !" Morgen Land erntete. An Geldeinnahmen aus Pächten hatte er 9 Gulden 11 Schillinge = 7 ¼ Taler, etwa 2000 M nach unserem Gelde.

Man muss sich vorstellen, dass die Menschen damals weithin Selbstversorger waren, der Pfarrer auch. Er betrieb Landwirtschaft: 4-6 Kühe, dazu Rinder, 10-15 Schweine, 2-3 Pferde, Schafe usw.. Da musste Futter dazu gekauft werden, es wurde sicher auch manches Tier verkauft. Meistens hatten die Pfarrer 1-2 Knechte, 1 Magd, die entlohnt werden mussten. Natürlich hatte das Gesinde freie Kost, Kleidung, Wohnung. Nimmt man einen solchen Haushalt mit 10 Personen (Familie und Gesinde) an, so kann man feststellen, dass die Pfarrer sicher nicht üppig, aber doch gesichert leben konnten.


Quellen im Inhaltsverzeichnis
.....aus einer Schrift zu 1.000 Jahre Kalbe(M) von Pfarrer S. Schneider
.....ergänzt von H. Krüger

 
 
 
 
 
   
  
 

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